Martina Schreiber ist 27 Jahre alt. Für sie war früh klar, dass sie in einem kreativen Beruf arbeiten möchte. Nach einer Lehre zur Malerin absolvierte sie den Bildungsgang Textildesign HF an der Schule für Gestaltung Basel. Diese Ausbildung weckte die Leidenschaft für das Weben in ihr. Heute arbeitet sie bei einer sozialen Institution in der Weberei, wo sie Personen mit Unterstützungsbedarf verschiedene Techniken beibringt. In ihrer Freizeit leitet sie gemeinsam mit Astrid Kapp das Webatelier «Telaio» in der Liestaler Textilpiazza.
Ein coronabedingtes Whatsapp-Interview über ihre Leidenschaft.
Martina, dass du kreativ arbeiten möchtest, war für dich früh klar. Da gibt es ja diverse Jobs, die passen könnten. Du hast dich dafür entschieden, mit Textilien zu arbeiten. Woher kommt diese Faszination?
Ich denke, das hängt stark damit zusammen, wie ich aufgewachsen bin. Meine Grossmutter war Schneiderin und ich habe oft mir ihr zusammen genäht. Ich bin früh selbst an die Nähmaschine gesessen. Ausprobieren und selber etwas entstehen lassen hat mich schon immer fasziniert. Nach meiner Lehre zur Malerin habe ich das Kreative ein wenig vermisst und mich darum entschieden, Textildesign an der Schule für Gestaltung zu studieren.
Was hast du dort für deinen weiteren Weg gelernt?
So viel! Die Ausbildung ist viel zu schnell vorbeigegangen. Ich konnte ein ausgeprägtes Gespür für Stoffe entwickelt. Wenn ich heute zum Beispiel Zug fahre, dann überlege ich mir in ruhigen Momenten, wie der Bezug der Sitze hergestellt wurde; ob der Stoff gewebt oder gestrickt ist. Diese Neugier hat die Ausbildung an der Schule für Gestaltung in mir geweckt. Ich habe während dieser Zeit so viel über meine eigene Kreativität gelernt, wie ich arbeite und was ich, beispielsweise bei der Entwicklung eines Produkts, beachten muss.
Was gibt dir die Handarbeit?
Sie gibt mir enorm viel. Wenn ich mit meinen eigenen Händen arbeite, dann befriedigt mich das, weil ich merke, dass ich etwas entstehen lassen kann. Es gibt mir ein sehr gutes Gefühl, ein Stück weit auch Selbstvertrauen. Ich schätze es sehr, physisch zu arbeiten, es entspannt und entschleunigt.
Ist es das, was du so sehr am Weben magst, das Langsame und Meditative?
Ja, das ist das eine. Aber auch die Vielseitigkeit der Techniken fasziniert mich. Auf einem Webstuhl kann man so unterschiedliche Stoffe herstellen. Einen Stoff konzipieren braucht viel Planung und Genauigkeit. Daher hat das Weben für mich so eine unglaubliche Klarheit. Das Planerische und Grafische und andererseits, wie vielseitig man ein Material einsetzen kann, finde ich mega schön. Der Rhythmus des Webens gefällt mir auch. Wenn ich webe, dann arbeite ich mit dem ganzen Körper: mit den Füssen, den Händen. Für mich hat das etwas sehr Meditatives. Da komme ich zur Ruhe.
Seit letztem Herbst führst du in deiner Freizeit gemeinsam mit einer Freundin das offene Webatelier «Telaio» in Liestal. Wie ist es dazu gekommen?
Astrid Kapp hat dieselbe Ausbildung wie ich an der Schule für Gestaltung abgeschlossen, aber wir kannten uns schon von einem anderen Projekt. Wir haben schnell gemerkt, dass wir die Leidenschaft des Webens teilen. Auf dem ehemaligen Hanro-Gelände in Liestal konnten in den alten Fabrikhallen der «Textilpiazza» einen Raum mieten. Seit letztem Herbst bieten wir dort unter anderem Workshops an. Da kann man zum Beispiel lernen, wie man sich einen eigenen kleinen Badezimmerteppich weben kann.
Was möchtest du den Leuten an diesen Workshops mit auf den Weg geben?
Mir liegt es sehr am Herzen, das Weben weiterzugeben und so vielen Leuten wie möglich zugänglich zu machen. Ich fände es schlimm, wenn dieses Handwerk verloren ginge. Weil die wenigsten Zuhause einen Webstuhl haben, stellen wir sie zur Verfügung. So kann man bei uns einfach mal ausprobieren oder auch sein eigenes Produkt realisieren. Ich finde es wunderschön, meine Faszination und mein Wissen weitergeben zu können. Und ich merke auch, dass viele Leute wieder Freude daran haben, etwas selbst herzustellen.
Wie wirkt das Weben auf die Leute, denen du das Handwerk weitergibst?
In meinem Beruf sowie bei den Workshops im Webatelier «Telaio» merke ich immer wieder, wie fest sich die Leute darüber freuen, dass sie etwas selber machen können und sehen, wie kreativ sie eigentlich sind. Einmal besuchte eine Frau einen Workshop bei uns. Sie brachte ein altes Stück Gewebe mit, das ihre Grossmutter gewebt hatte. Als kleines Mädchen, erzählte sie, habe sie ihrer Grossmutter immer zugeschaut, aber nie versucht, selbst zu weben. Dass sie das dann bei uns im Atelier als erwachsene Frau doch noch tun konnte, war so schön. Die Wertschätzung für Stoffe und fürs Handwerk steigt nach solchen Workshops enorm. Das finde ich mega.
Für den Bildungsgang Textildesign HF an der Schule für Gestaltung in Basel kannst du dich übrigens noch bis am 15. Mai anmelden.
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