Illustrationen: Pia Zibulski
Ich habe nichts gegen Fussball. Auch nichts gegen die meisten Fussballer*innen. Trotzdem war ich irritiert, als mich am Bahnhof einer auf das FC Allschwil-Logo auf meinen Shorts ansprach. Der hielt mich für einen echten Fussballer, für einen Gleichgesinnten, mit dem er über das Resultat des FCB-Spiels desselben Abends werweissen kann. Aber ich und Fussball? Fussballtrikots trage ich nur als Vintage-Kleidung.
Zugegeben, ich habe jahrelang gespielt. Bei dem Verein, dessen Shorts ich jetzt noch trage. Nicht aus Loyalität, sondern wegen ihres 80er-Looks. Fussball, das ist nicht mehr mein Ding. War es nie wirklich: auf dem Platz zu untalentiert und oftmals zu hektisch, neben dem Platz zeigten sich mit der Zeit die Differenzen mit den anderen Jungs. "Fussballer eben", bin ich versucht zu sagen. Aber das wäre zu schnell geurteilt. Geurteilt und abgegrenzt wird schnell, auch gegenüber Fussballer*innen. Fussball scheint nicht in unsere Bubble zu passen. Die Basler Jugendkultur geht lieber auf Brocki-Tour als auf den Bolzplatz: Birkenstock statt Kickschuhe. Der FCB verbinde "seine" Stadt und die Region, hört man hier von klein auf. Und gerade wenn man in Allschwil aufwächst und irgendwo zwischen Stadt und Land in der Luft hängt, ist da was dran. Doch die Abgrenzung zwischen Fussballern und Nichtfussballern fängt, gerade bei Jungs, früh an. Die einen finden es unfair, dass Musik zeugnisrelevant benotet wird, Sport aber nicht. Die anderen sind froh darüber. Diese Grenze entsteht zwischen jenen, die sich nicht überwinden können mitzusingen und jenen, die beim Handstandüberschlag scheitern. Der Unterschied: In Musik gibt's dafür eine gnädige Vier, in Sport kassierst du eine Zwei. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die einen jedes Wochenende in den Ausgang gehen und die anderen für ihren Sport zu Hause bleiben. Und dann gibt es noch Spezialist*innen, die es schaffen, verkatert Wettkämpfe zu gewinnen. Doch sogar beim Biertrinken wird differenziert. Die Frage "Feldschlösschen oder Anker?" kann über Freundschaften entscheiden. Sobald ich in Basel anfing auszugehen, wurde mir eingeprägt, dass Anker für Hafen, Skaterboys und selbstgedrehte Zigis steht und Feldschlösschen, naja, für die anderen. Das Logo war ja auch auf der Trikothose des FCB. Zudem machen sich die reliefartigen Schweizerkreuzchen auf der Dose in alternativen Kreisen nicht so gut. Soviel zu den Klischees. Nur weil einer Erstliga spielt, läuft er noch lange nicht mit Louis Vuitton-Handyhülle rum. Und übrigens lässt sich auch ein Anker gut bei der Liveübertragung trinken. Aber das brauche ich niemandem zu erzählen. Ohne Anker schaute ich nach dem Gespräch am Bahnhof, vielleicht gerade wegen dieser Begegnung, das Spiel am Abend. Der Mann, der mich auf meine FCA-Shorts angesprochen hatte, tippte auf einen FCB-Sieg. Ich entgegnete zweifelnd, dass ich meinen Glauben verloren habe. Am Ende stand es 5:0 für den FCB.
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