Ich gebe zu, ich habe sie inzwischen vermisst, die Museums-Posts auf Instagram. Doch jetzt wo die Museen wieder geöffnet haben, wird endlich wieder posiert. Am besten gedankenversunken vor irgendwelchen Monet-Seerosen. Endlich werden die Outfits für den Museumsbesuch wieder Tage im Voraus zusammengestellt. Endlich gibt es wieder einen Grund mehr, Tote Bag, Socken und Rollkragenpullover farblich aufeinander abzustimmen.
Die schöne Überraschung in meinem Insta-Feed: Alle stürzen sich ins Museum, vor allem in die Hopper-Ausstellung in der «Fondation Beyeler», sogar die, von denen man es nicht erwartet hätte. Von gesundheitlichen Bedenken ist nichts zu spüren. Vielleicht machen die Sicherheitsmassnahmen das Ganze sogar noch attraktiver. Bei mir war es zumindest so – beim Online-Kauf der Tickets im Voraus freute ich mich, als hätte ich mir gerade ein Konzertticket geschnappt.
Illustration: Pia Zibulski
Solange es keine Konzerte gibt, ist es ein Event, ins Museum zu gehen. Ein «Häppening», höre ich da gleich meine Grosseltern sagen. Das war nicht immer so: Als Kind bin ich lediglich ins Museum mitgegangen, beziehungsweise eher mitgegangen worden. Und jetzt? Da chillen plötzlich ganze Grüppchen junge Erwachsene mit selbst mitgebrachtem Prosecco oder Bier im Gärtchen der «Fondation». So schnell geht’s.
Dass ein Museum nicht nur Museum sein muss, weiss jede*r spätestens nach einem Sonnenuntergangs-Rave am «Sunset»: Dann, wenn der Garten der «Fondation Beyeler» zum Festivalgelände wird und die Schlange von angetrunkenen Kiddies vor dem Eingang schmerzhaft stark an einen Gymball erinnert, zieht es mehr Jugendliche ins Museum als an jedem anderen Samstag. Was das mit Kunst zu tun hat? Nicht viel vielleicht.
Doch wenn dort, wo sonst an kleinen Tischchen überteuerter Aperol Spritz genippt wird plötzlich die halbe Parallelklasse rumschwankt, dann hat es das Museum wohl geschafft, für einmal niederschwellig zu werden. Da entdeckt so manche*r Kunst von einer neuen Seite: Begeistert hört man die Partygänger*innen beim Anblick der sich sanft im Wind drehenden Calder-Installationen einander über das Basswummern zurufen: «Boaah, mega trippy».
Ist doch gut so. Besser jedenfalls, als auf dem Theater-Vorplatz rumzuhängen und nur beim Pissen in Richard Serras Metall-Skulptur mit Kunst in Berührung zu kommen. Aber was gibt es schon an Alternativen? Viele, gerade in Basel. Trotzdem heisst Kunst für viele Schüler*innen, zum x-ten Mal die Sammlung des Kunstmuseums zu besuchen, wo die BG-Lehrperson dann den Auftrag gibt, in Grüppchen Gedichte zu einem ausgewählten Gemälde zu schreiben. Das soll die Interdisziplinarität sein, die im Leitfaden der Schule versprochen wird.
Aber wer weiss, solange es noch (fast) keine Konzerte gibt, wird vielleicht mehr in die Museen gegangen und sogar ohne Auftrag der BG-Lehrperson Neues entdeckt. Auch ohne Party. Leider.
Ich habe es übrigens knapp geschafft, ohne Insta-Story durch die Hopper-Ausstellung zu kommen. Kann ich als Challenge empfehlen.
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