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  • AutorenbildClaire Flury

„Für mi ischs eifach mis Hüsli“


Da ist dieses Häuschen, mitten in Reinach und trotzdem umgeben von Natur. Versteckt ist es, hinter einem modernen Holzhaus, wo man eigentlich einen Holzschopf vermuten könnte.

Nach dem Verlassen der Strasse, eröffnet sich der Blick auf eine 4.5m hohe, geometrisch gestaltete Fassade. Umrundet man das gewölbte Holzkonstrukt, tut sich ein grosses Glasfenster gegen den weitläufigen Garten auf.

Durchbrochen wird das Spiel aus Holz und Glas nur von einer schweren Metalltüre.

Dahinter verborgen: Das Zuhause von Jelïn Nichele.

© Claire Flury

„Alles ablegen: Sowohl physisch als auch psychisch“, so beschreibt er sein Gefühl des Nachhausekommens. Das Haus sei seine gewohnte Umgebung, in der er sich nach einem langen Tag oder nach einer längeren Reise sofort wieder angekommen fühlt.

Unter dieser Decke geht es, zumindest einrichtungstechnisch, ruhig zu und her. Die Wärme des einzigen, offenen Raumes wird durch das helle Holz an Wänden, Boden und Decke sowie dem lebhaften Lichtspiel betont. Auf dem minimalistischen Mobiliar spiegelt sich an diesem kühlen Februarmorgen die Sonne. Im Wasserkrug bricht sich das Licht. Ein kleines Feuer knistert im Ofen, der die 24 Quadratmeter beheizt.



Gebaut wurde dieser Ort ursprünglich für Jelïns Schwester von ihrem Vater; gezeichnet von ihrem Bruder. „Ein Familienprojekt“, betont Jelïn. Daher erstaunt nicht, dass sein minimalistisches cognacfarbenes Ledersofa das Herzstück seines Zuhauses ist. Dieses Erbstück seines „Nonnos“ verrät sein südländisches Flair ebenso wie das prominent platzierte Zitronenbäumchen an der Glasfront.



Sein Lieblingsort sei jedoch nicht der Platz an der Sonne, sondern sein Nest hoch über dem Wohnraum. Von dort hat er den Über- und Ausblick. Denn wenn seine Familie im Elternhaus nebenan frühstückt und langsam in den Tag startet, linst er kurzerhand vom grossen Bett aus dem Fenster und ist ebenfalls mit dabei.



Überall stösst man in diesem kleinen Häuschen auf Fragmente seiner Familiengeschichte. Schneidet und bearbeitet er Videos oder Bilder tut er dies auf minimalistischen Klapptischen, die seine Eltern designt haben. Öffnet man eines der 15 Türchen seines grosszügigen Treppenschrankes, stechen einem Prints, die seine Schwester bei ihrem Auszug vergessen hat, ins Auge.



Gleichwohl ist es „sein Platz. Hier kann ich machen was ich will.“, erklärt er. Denn obwohl das Haus klein und unscheinbar wirkt, Jelïn ist es nicht.

Er sei oft unterwegs. Nicht nur sein sorgsam platziertes Zitronenbäumchen sucht nämlich die Wärme der Sonne. Auch Jelïn ist seit einiger Zeit immer wieder in Tunesien, seinem zweiten wichtigen Wohlfühlort, unterwegs. Zu Beginn ganz alleine mit seiner Olympus Mju II durch die Hauptstadt Tunis streifend, ist er mittlerweile geschätzter Teil eines lokalen Künstlerkollektivs.

Insbesondere seine umfangreiche Kamerasammlung, versteckt in einer der Treppenstufen, zeugt von dieser Leidenschaft. Denn er beweist nicht nur mit seinem Rückzugsort ein Gespür für Äshtetik, sondern zeigt, dass er auch in der Videografie zuhause ist.



Zudem umgibt er sich gerne mit vielen, kreativen Menschen. Sei es in Tunis, beim Onlinemagazin Viral, in der Basler Musikszene oder zuhause: In Jelïns Refugium findet jede*r Platz. Dies sei übrigens auch die Erklärung für das grosse Bett: „Ich bin gerne alleine aber geniesse die Gesellschaft von anderen umso mehr. Braucht jemand eine Schlafgelegenheit, beherberge ich ihn gerne.“



Jelïn selbst schläft jedoch auch ab und zu unten auf dem Ledersofa, lässt den Blick von Innen durch das grosse Fenster nach aussen schweifen und nickt zum Wabern der warmen Flammen ein.


"Refugium von:" ist eine Beitragsserie von Claire Flury, welche sich dem Basler Wohnraum widmet und dessen Bewohner*innen portraitiert.


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