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AutorenbildClaire Flury

Architekturspaziergang № 1 / Wettstein

Wie so viele andere zog es mich in den letzten paar Wochen vermehrt nach draussen, um mir die Beine zu vertreten. Um die vielen Menschen am Rheinufer und in den Parks zu vermeiden, zog es mich in Gassen, die ich bis anhin noch nie durchschritten habe. Neben Ruhe und Ausgleich habe ich dort vor allem eins gefunden: Perlen der Architektur. Diese möchte ich euch nicht vorenthalten und lade in dieser neuen Beitragsserie gerne auf Architekturspaziergänge in den unterschiedlichen Quartieren Basels ein.


© Claire Flury

Den Anfang macht das Wettsteinquartier. Geprägt wird es vor allem durch gehobene Bauten sowie dem Firmengelände des Konzerns Hoffmann-La Roche. Auch andere Industriebauten sowie diverse öffentliche Einrichtungen haben sich mit der Zeit etabliert. Meist überschattet vom Rocheturm oder dem Tinguely Museum, bietet dieses Quartier jedoch viele weitere Architektur-Bijous.



1 Wohnen am Schaffhauserrheinweg, jessenvollenweider, 2014, Burgweg 32/34

So manch einer mag sich wohl noch an die atemberaubende Aussicht des alten Kinderspitals Basel am Schaffhauserrheinweg erinnern. Wo früher Kinder in ihren Spitalbetten auf den Balkonen den fliessenden Wassermassen des Rheins zuschauen konnten, geniessen diesen Blick nun die Bewohner der vier Häuser am Schaffhauserrheinweg. Fertiggestellt im Jahr 2014, umfasst das Gebäudeensemble von jessenvollenweider nun 86 Wohneinheiten an bester Lage. Die Veranden umlaufen die abgerundeten Wohnräume und tragen so zu mehr Privatsphäre im Innern bei. Gerne stellt man sich vor, wie man morgens mit einer Tasse Kaffee über die Lindenreihe auf den Rhein oder ein weiteres architektonisches Highlight blickt.

2 Warteck, in situ / Fabian Nichele und Stefan Eisele, 2014, Burgweg 7

Einen Steinwurf vom Schaffhauserrheinweg befindet sich nämlich der Werkraum Warteck. Wie vielseitig die ehemalige Brauerei am Burgweg heute genutzt wird, wurde in einer anderen Beitragsreihe von Jelin Nichele und Selina Peter eindrücklich bebildert. Das kreative Leben lässt sich mit einem Aufstieg über die markante Treppe auf der Dachterrasse des Malzsilos erfahren. Oben angekommen, erhält man einen wunderbaren Blick über das ganze Quartier. Von hier kann man zudem schon den nächsten Stop des Spaziergangs erspähen.



3 Villa Hammer, Herzog & de meuron / Sauter von Moos, 2018, Hammerstr. 10

Schlendert man in Richtung Wettsteinplatz, begegnet man zwangsläufig einem besonders noblen Objekt. Die Villa Hammer, welche dank Heinrich Flügel seit 1895 am Wettsteinplatz thront, wurde kürzlich von Herzog & de Meuron sowie Sauter von Moos renoviert und mit einem Anbau erweitert. Die Villa erstrahlt nun in neuem alten, weissen Glanz. Linst man durch das herrschaftliche Gartentor über den Kiesplatz, lässt sich die Begegnung zwischen dem alten Neo-Barockbau und der modernen Übersetzung bestaunen.



4 House With a Tree, Sauter von Moos, 2013

Dieser Dialog zwischen alt und neu kann auch beim nächsten Bauwerk bewundert werden. Folgt man der Wettsteinallee, begegnet man einem weiteren Umbau von Sauter von Moos. Das „House With a Tree“ versteckt sich an der Ecke Peter-Rot-Strasse/Chrischonastrasse. Das Haus aus den 1930er Jahren wurde renoviert und mit einem modernen Holzanbau versehen. Die bestehenden Elemente wurden gekonnt in die Renovation integriert und neu interpretiert. Ein überaus stimmiges Zusammenspiel von Stadt und Natur ist das Ergebnis dieser Symbiose. Als besonderes Detail erscheint die angebaute Loggia mit Solarpanels, welche sich wie ein Vogelnest über dem Garten erhebt.



5 Hofbebauung, jessenvollenweider, 2014-2020, Riehenring 3

Noch zurückgezogener ist das nächste architektonische Ziel. Am Riehenring 3, besser gesagt in dessen Innenhof, befindet sich ein Neubau von jessenvollenweider. Zutreffender kann das Credo des verdichteten Bauens wohl nicht umgesetzt werden: Tummeln sich normalerweise Gärten, Sitz- oder Kinderspielplätze in einem Innenhof, wurde hier eine Hofbebauung mit 36 Wohneinheiten realisiert. Die Bewohner*innen können nun seit dem 1. April 2020 über die Loggias und der grünen Fassade in den Dialog mit der begrünten Umgebung treten.


6 Abdankungskapelle, Melchior Berri, 1832, Rosentalstr. 9

Über die Riehenstrasse gelangt man zu einer anderen Grünfläche, die bereits ein langes Leben voller Veränderungen führte. Die Rosentalanlage ist vermutlich weit bekannt. Woher die kleine klassizistische Kapelle jedoch ursprünglich stammt, wohl eher weniger. Bis vor ungefähr hundert Jahren diente die Fläche noch als Friedhof. Übrig blieb als letztes Relikt die Abdankungskapelle, welche von Melchior Berri Mitte des 19. Jahrhunderts gestaltet wurde. Der Rundbau mit seinem Portikus erscheint daher als dezenter Zeitzeuge des alten Basels.



7 AGS / Schule für Geslatung, Hermann Baur, 1961, Vogelsangstr. 15

Wie bereits in meinem Artikel über das barocke Kloster Disentis und das dazugehörige brutalistische Gymnasium von Hermann Baur beschrieben, schätze ich die Äshtetik der Gegensätze. Diese lässt sich auch beim Landgut „Sandgrube“ und der daneben liegenden Schule für Gestaltung beobachten, welche man nach ein paar Schritten in Richtung Badischer Bahnhof antrifft.

Zunächst eröffnet sich einem eine brutalistische Betonwüste, wenn man auf den Vorplatz der Gewerbeschule tritt. Der Gebäudekomplex wurde von Hermann Baur entworfen und 1961 fertiggestellt. Die beiden Haupttrakte, in denen sich heute zum einen die AGS, zum anderen die SfG befinden, werden durch die Aula, welche auf Stützen ruht, verbunden. Die Fassade gliedert sich durch die langen, dunklen Fensterbänder. Ein auffälliges Detail bildet der Aktsaal mit ausladender Dachterrasse im obersten Stock. Angrenzend befindet sich die Maurerhalle. Diese ist mit ihrem imposanten Faltdach und der Glasfassade einzigartig. Zentrum des Pausenhofes bildet eine 8 Meter hohe Betonsäule des Schweizer Künstlers Hans Arp.



8 Sandgrube, Johann Jakob Fechter, 1745, Riehenstr. 154

Ein prunkvoller Gegensatz zu diesem doch eher kühlen Gebäudekomplex bildet das angrenzende Areal der Sandgrube. Heute als Europainstitut der Uni Basel genutzt, wurde der Barockbau ab 1745 als Landsitz eines Seidenbandfabrikanten bewohnt. Es scheint fast, als habe man damals ein Stückchen Versailles nach Basel holen wollen. Das üppig verzierte Haupthaus wird zur Strassenseite von zwei Pavillonbauten flankiert. Rückseitig eröffnet sich eine grosszügige, barocke Gartenanlage. Diese lädt zum Ausruhen und Sinnieren über den eben begangenen Spaziergang ein.


In dieser Beitragsserie lädt Claire Flury zu Architekturspaziergängen in den verschiedenen Quartieren Basels ein.

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