top of page
  • AutorenbildJuno Peter

Wohii mit dem Glüehwii??



Freitagabend, 17:45 Uhr. Ich sitze in meinem Bett und zerbreche mir den Kopf über irgend einen Unitext und suche verzweifelt nach Ablenkung. Da vibriert mein Telefon. Und noch einmal. Und noch ein drittes Mal. Krampfhaft versuche ich dem Drang darauf zu schauen zu widerstehen. Ich muss mich konzentrieren, bin noch nicht fertig mit der Arbeit. “Lass dich nicht ablenken!”, sage ich mir. “Aber es könnte ja etwas wichtiges sein, ein Notfall.”, denke ich mir. Ich riskiere einen Blick auf das Display. Max hat geschrieben, drei Nachrichten, eine davon ein Foto. Wie durch Zauberhand entsperrt sich das Telefon ganz von allein und ich erblicke die Nachricht. Das Foto ist ein Screenshot einer Tagesschau-Meldung. “Krisen-Stimmung bei Glühwein-Händlern. Hier lagern noch 400.000 Liter”, heisst es auf dem Bild. Darunter die Nachrichten: “Wohii mit dem glüehwii?? Tönt nachme adventstextli haha”. So soll es sein.


Wir haben uns nämlich was Kleines für diese etwas andere Adventszeit überlegt: Jeden Sonntag bis Weihnachten kommt abwechslungsweise ein kurzer Text von uns online. Das Thema des Textes wird jeweils von der anderen Person vorgegeben.


 

“Wohii mit dem glüehwii??” ist die Frage. Eine berechtigte Frage, wie ich finde.

Fast ein Jahr ist vergangen, seitdem ich mich das letzte Mal mit diesem Getränk auseinandersetzen musste. Meine letztjährige Trauer über den Verlust dieses weihnachtlichen Gesöffs hat sich mittlerweile in eine starke Ablehnung verwandelt. Ja, ich würde beinahe schon sagen, dass ich Glühwein, dieses scheinbar von allen geliebte Wintergetränk, aus tiefstem Herzen hasse. Böse Stimmen mögen jetzt vielleicht behaupten, dass sich dieses Gefühl der Abneigung nur entwickelt hat, weil ich ihn, den glühenden Wein, nicht haben kann. Ich sei neidisch auf all diejenigen, die keinen Brechreiz kriegen, wenn sie dieses Getränk zu sich nehmen. Doch diesen Vorwurf weise ich von mir. Klar stimmt es, dass mir Glühwein schrecklichste Bauchschmerzen und Kotz-Eskapaden beschert, doch auch wenn ich ihn ohne diese Nebenwirkungen geniessen könnte: Warum sollte ich? Es gibt so viele bessere Dinge, die ich meinem Körper einverleiben kann anstelle dieses Histamin-beladenen Gewürz-Zucker-Wein-Gesöffs.



Leider scheine ich mit dieser Meinung jedoch ziemlich alleine zu sein. Ein vehementer Glühweinduft hängt in der kalten Luft. Auch meine eigenen vier Wände werden nicht verschont. Seitdem die Temperaturen etwas runter gegangen sind, findet sich in unserer Wohnung immer, wirklich immer, mindestens eine Flasche Fertig-Glühwein. Auch wird bei jedem Einkaufstrip eine neue Flasche gekauft. Kaufland bietet diverse Variationen davon an: sogar eine mit Hanf-Extrakt. Ich bin fasziniert von dem Ideenreichtum und den Neuerfindungs -Versuchen der Glühwein-Produzent*innen. Beinahe wäre ich in Versuchung geraten, fast hätte ich mein Urteil erneut überdacht. Aber nein: Ich bleibe hart und boykottiere weiter!

Bei diesem Konsum frage ich mich wirklich, wie es sein kann, dass es tatsächlich 400.000 Liter Glühwein zu viel gibt. Sollte dies tatsächlich möglich sein? Ist dies der Beginn einer antikapitalistischen Revolution? Bin ich doch nicht alleine in meinem Boykott des Glühwein

-Marktes? Richtet die Corona-Krise die Glühwein-Industrie zugrunde? 400.000 Liter scheinen mir eine überaus absurd hohe Menge zu sein.


Jedoch bin ich keine Marktexpertin, also werden diese Angaben schon ihre Richtigkeit haben. Aber ich habe trotzdem einen Lösungsvorschlag für die armen Glühwein Händler*innen. Wenn ihr wirklich so viel übrig habt, könnt ihr ein paar der Liter easy peasy bei uns in Hildesheim abladen. Wir, die Student*innen dieser Stadt, opfern uns für das Allgemeinwohl, für den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung und würden die Last des überflüssigen Glühweines auf uns nehmen. Wir finden schon irgendeine Verwendung dafür. Wäre doch schliesslich schade, das alles verkommen zu lassen und schliesslich heisst es doch, besonders in der Weihnachtszeit, sharing is caring.

Schreibt mir doch eine DM auf Instagram, wenn ihr auf mein Angebot zurückkommen wollt. Wir warten sehnlichst darauf.


Bis dahin einen schönen ersten Advent euch allen und vielleicht melde ich mich bald mit ein paar Litern zu verschenkendem Glühwein zurück.


Bussi Baba



Die Illustrationen sind eine Zusammenarbeit von Florence Dreier, Hannah Oehry, Lena Studer & Pia Zibulski


bottom of page